Erinnerungen
an meine ersten
Kontakte mit
den monetären
Realitäten –
und der Rolle
Margrit Kennedys
in diesem
Lebensabschnitt.
Der viel zu frühe Tod von Margrit Kennedy
hat bei mir viele Erinnerungen
wachgerufen. Vor allem bezogen auf
meine ersten Schritte in Sachen Zins
und Freiwirtschaft und damit jenem
völlig ungeplanten Lebensabschnitt,
der für mich, Ende der 1970er Jahre,
durch einen Zufall begann und wenige
Jahre später, durch die Begegnung
mit Margrit, äußerst wichtige Mut machende
Impulse erhalten hat.
Wie schon häufiger berichtet,
wurde ich Ende 1977, durch
die Zuschrift eines Lesers meines
Schultagebuchs „Haken krümmt
man beizeiten“, mit diesen geldbezogenen
Begriffen und Themen bekannt.
Jenes Buches, das vor allem durch die
Fernseh-Vorstellung in „Titel, Thesen,
Temperamente“ als Buch des Monats
viele Reaktionen in der Öffentlichkeit
auslöste, darunter auch diese Zuschrift
von Walter Michel aus Berlin, die mein
Leben verändern sollte.
Wie sich später herausstellte, handelte
es sich um einen selbstständigen Handwerksmeister,
der nach dem Krieg in der
DDR annahm, für das Thema Freiwirtschaft
und Gesell wieder öffentlich eintreten
zu können. Er hatte sich jedoch
geirrt und wurde wegen seiner Veröffentlichungen
von der damals noch vorherrschenden
sowjetischen Besatzungsmacht
verhaftet, erst zum Tode verurteilt
und dann zu lebenslänglicher Haft in der
berüchtigten Festung Bautzen „begnadigt“,
einer Strafe, von der er mehr als
zehn Jahre absitzen musste.
Was Walter Michel mir schrieb, war für
mich anfangs völlig unverständlich. Weder
den Namen Silvio Gesell noch den
Begriff „Freiwirtschaft“ (der mich immer
an eine sommerliche Gartenwirtschaft
erinnerte!) hatte ich je gehört. Und das
Gleiche galt auch für das beigelegte
kleine Buch eines Hans Kühn, „5000
Jahre Kapitalismus“, dem dann jedoch –
wenn auch stilistisch etwas aufgemotzt
– einige konkretere Angaben und Zahlen
zu entnehmen waren die mich neugierig
machten. Das besonders im Hinblick
auf die Auswirkungen exponentiell
wirkender Abläufe, mit denen er den
Zinseszins-Effekt beschrieb – einer Problematik,
die mir dadurch zum ersten
Mal deutlich wurde und für die ich vielleicht
auch nur deshalb offen war, weil
sich mir damals, Ende der 1970er Jahre
und angesichts der allgemeinen Wachstumseuphorie,
schon die Frage aufgedrängt
hatte, wie lange das eigentlich
noch weiter gehen sollte. Doch diese
von Hans Kühn gemachten Ausführungen
musste ich jedoch vor einer Antwort
an Walter Michel unbedingt überprüfen.
Das betraf vor allem die Gegensätzlichkeiten
von linearem und exponentiellem
Wachstum und deren Vergleiche
mit den natürlichen Wachstumsabläufen.
Bei denen die zeitlichen Abstände
zwischen den Verdopplungen bekanntlich
immer größer und schließlich „unendlich“
werden, wie wir aus unserer
eigenen Entwicklung ab 18-
20 Jahren
wissen. Im Gegensatz dazu, nahm ein
exponentielles Wachstum, mit gleich
bleibend langen Verdopplungs-Schritten,
ständig schneller zu – wie bei den
Geldanlagen durch Zins und Zinseszins
der Fall. Eine Entwicklung, die –
das hatte ich nach der Schrift von Hans
Kühn verinnerlicht – förmlich zu Explosionen
führen musste!
Erfahrungen zu den Zinsauswirkungen
in der Praxis
Zinsen waren mir – damals bereits 55
Jahre alt – bis dahin immer nur als eine
schöne Angelegenheit bekannt, über
deren Gutschrift auf dem Sparbuch
man sich am Jahresanfang immer freute.
Und bezogen auf die Hypotheken,
die ich für Bauwerke laufend aufnehmen
musste, blieb der Mix von Zinsen
und Tilgung in der Miete als Summe
häufig gleich. „Beweise“ für die zinsbedingten
Wachstums-Wirkungen in unserem
normalen Leben und vor allem
deren Brisanz, entdeckte ich dann erst
im Zusammenhang mit grafischen Aufzeichnungen
von Mietberechnungen
und deren Bestandteil-Verschiebungen
im Laufe der Jahre und Jahrzehnte.
Obwohl diese Berechnungen bei den
Wohnungsbaufinanzierungen eine
der Voraussetzungen für die staatlichen
zinsgünstigen Zuschüsse waren
und man sie im Vorhinein nachweisen
musste, waren mir diese Wechselwirkungen
nie aufgefallen. Und wirklich
überzeugend wurden sie für mich erst
dann, als ich sie beispielhaft nebeneinander
in Grafiken umsetzte. Das
vor allem bezogen auf jene Vorgänge
im Geld- und Kreditbereich, die mir
bislang als problemlos erschienen waren:
Wenn man zu viel Geld in der Tasche
hatte und vorerst nicht brauchte,
zahlte man es eben bei den Banken
ein, die es dann zwischenzeitlich weiter
verliehen. Und dass man dafür einen
– meist nur relativ geringen – Zins
erhielt, war eine kleine Belohnung für
diese Ersparnisbildung, die dann der
Kreditnehmer seinerseits jeweils an
die Bank zu zahlen hatte.
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